Umweltinformatik als Beruf: Arbeitsalltag, Voraussetzungen, Perspektiven

Umweltschutz und Informatik passen nicht zusammen? Diese These widerlegt vor allem eine Berufsgruppe: die Umweltinformatiker*innen. Denn sie tragen dazu bei, dass Technologien so designed und eingesetzt werden, dass sie einen positiven Impact auf Klima und Umwelt haben. Welche spannenden Tätigkeiten und Möglichkeiten sich hinter diesem Beruf verbergen, erfährst du hier.

Foto ©: Safar Safarov on unsplash.com
von , 14. September 2020 um 07:00

Zugegeben, die Verbindung von Umweltschutz und Informatik ist vielleicht nicht das Naheliegendste der Welt: Meist fragwürdige, ressourcen-schluckende Produktionsketten, hoher Energieverbrauch und CO2-Ausstoß (u.a. aufgrund der Kühlung der Server) helfen der Technologie-Branche augenscheinlich nicht unbedingt dabei, ein nachhaltiges Image aufzubauen. Im Endeffekt könnte man fast sogar meinen, die beiden Welten vertragen sich nicht. Dabei vergisst man aber leicht, dass die Technologie bzw. die Digitalisierung uns auch helfen kann, den Energieverbrauch von Unternehmen, von Kommunen oder Städten ressourcenschonender zu managen, Abfallsysteme zu optimieren oder innovative Projekte im Bereich Umweltschutz voran zu treiben. Man könnte eventuell sogar soweit gehen und sagen, dass die Informatik bzw. die Technologie oder Digitalisierung ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft sein kann.

Wichtig für diese Entwicklung sind daher Menschen, die sich sowohl in den Umweltwissenschaften, als auch in der Informatik auskennen. Sie können dann in diesem interdisziplinären Feld vermitteln, da sie einerseits umweltwissenschaftliche Belange sowie deren technische Ausführung und Realisierbarkeit im Auge haben - und hier kommen Umweltinformatiker*innen ins Spiel.

Die Aufgaben und Tätigkeiten von Umweltinformatiker*innen

Umweltinformatiker*innen fungieren durch ihre interdisziplinäre Ausbildung gewissermaßen als Schnittstelle zwischen Management, Informationstechnologie sowie Umweltschutz und helfen mit angewandter Informatik, ökonomische und ökologische Aufgabenstellungen im Bereich der Informationstechnologien zu lösen. Was fällt zum Beispiel bei einem produzierenden Unternehmen an Emissionen an? Was erfordert und was kostet die Mülltrennung? Wie viel Energie setzt ein Unternehmen an welcher Stelle im Produktionsprozess ein bzw. wie viel verbraucht es insgesamt? Welche Daten sind relevant und müssen für nachhaltige Betriebs- oder Produktionsplanung erhoben werden? Dies und vieles mehr sind Fragen, mit denen sich Umweltinformatiker*innen täglich beschäftigen.

Die Gestaltung des Arbeitsalltags haben Umweltinformatiker*in mehr oder weniger selbst in der Hand, denn diese unterscheiden sich je nach Arbeitgeber teilweise stark. Als Referent*innen bei Behörden oder Organisationen wird die Arbeit vermutlich mehr aus administrativen, koordinierenden und beratenden Tätigkeiten bestehen, während bei der Arbeit in der Forschung und der freien Wirtschaft die angewandte Informatik mehr im Vordergrund steht. Hierzu gehört z.B. das Programmieren für Softwareanwendungen zur Optimierung von (Fertigungs-)Prozessen. Auch die Analyse von Datensätzen oder Messproben zur ökologischen und ökonomischen Bewertung von Lieferanten, sowie eventuell Unternehmensberatung oder Coachings können zu den Aufgaben gehören. Zudem können Umweltinformatiker*innen im Projektmanagement Anstellung finden. Welcher Bereich letztendlich der richtige und passende ist, kann jede*r selbst entscheiden, denn durch das breite Aufgabenspektrum hat man buchstäblich die Qual der Wahl.

Das Schöne bei dieser Arbeit ist nicht nur die Interdisziplinarität der Themen und die unterschiedlichen Einsatzgebiete, sondern auch die Mischung aus Theorie und Praxis. Umweltinformatiker*innen machen sich nicht nur Gedanken darüber, wie nachhaltigere Prozesse aussehen und wie man mit ihnen der Umwelt helfen könnte, sie setzen ihre Ideen auch tatsächlich in die Tat um und helfen so dabei, die Nachhaltigkeitsziele (sowohl vom Arbeitgeber als auch der Gesellschaft als Ganzes) voran zu treiben.

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Als Arbeitgeber kommen auf behördlicher Seite zum Beispiel Kommunen, aber auch Regionalverbände sowie Länder- und Bundesbehörden (wie z.B. das Umweltbundesamt oder das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) sowie die entsprechend zuständigen Landesämter in Frage. Auf privatwirtschaftlicher Seite sind dies primär Energie- und Chemiekonzerne, Hersteller von Solarzellen und Windkrafträdern oder Firmen, die Energiemanagementsysteme entwickeln. Im Endeffekt können aber alle großen und mittelgroßen Konzerne und Unternehmen als Arbeitgeber zur Auswahl stehen, die Umweltauflagen erfüllen müssen.

Darüber hinaus können Umweltinformatiker*innen auch in »klassischen« IT-Berufen eingesetzt werden, wie z.B. im Web Development, in der IT-Administration, im Ethical Hacking oder bei der Qualitätssicherung bzw. -koordination. Ihnen stehen also beruflich viele Türen offen.

Gehalt

Gute Arbeit möchte natürlich auch entlohnt werden. Wie in den meisten IT-Berufen üblich, können sich Absolvent*innen über ein relativ gutes Einstiegsgehalt von etwa 3.700 € brutto freuen. Mit ein wenig Erfahrung und je nach Branche beläuft sich das monatliche Gehalt für Berufserfahrene zwischen 4.000 und 5.000 € brutto. Das tatsächliche Gehalt hängt aber von vielen verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Größe des Betriebs, ob ein Tarifvertrag vorliegt oder in welchem Bereich man tätig ist.

Wie werde ich Umweltinformatiker*in?

Umweltinformatik ist kein sehr weit verbreitetes Fach und kann daher nur an ausgewählten Hochschulen, entweder als Kernfach oder als Schwerpunktfach, studiert werden. In Deutschland sind dies die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, die Universität Oldenburg, die Universität Hildesheim und die Hochschule Trier.

Auch als Quereinsteiger*in hat man die Möglichkeit, in die Umweltinformatik einzusteigen. Hier bieten sich aufgrund vieler Überschneidungen vor allem Fächer wie Geoinformatik oder Umweltingenieurwesen an, aber auch als »klassische*r« Informatiker*in und als Geowissenschaftler*in hat man hier mit entsprechenden Kentnissen und Spezialisierungen gute Chancen. Auch für Geograf*innen ist ein Quereinstieg denkbar, sofern man sich im Studium etwa auf GIS (Geoinformationssysteme) spezialisiert oder ggf. eine zusätzliche IT-Ausbildung absolviert hat.

Jobs findet man nach dem Studium sowohl mit einem Bachelor- als auch mit einem Masterabschluss, wobei ein Master für die beruflichen Aufstiegschancen (und für deine Gehaltsklassen) meist von Vorteil ist. Möchte man eher in den Bereich Forschung gehen (sowohl in der Privatwirtschaft als auch an Instituten oder Hochschulen), kommt man um eine Promotion nicht herum. Ein Doktortitel kann einem aber auch im Bereich Consulting oder Entwicklung weiterhelfen, da man durch die jahrelange Forschung ein tiefgehendes Verständnis für die Materie aufweist. Ersten Kontakt zu Arbeitgebern knüpfen Studierende meist schon während des Studiums, denn Praktika und Praxisprojekte mit Unternehmen sind an den Hochschulen im Studiengang integriert.

Voraussetzungen für das Studium

Wie bei allen Informatik-bezogenen Studiengängen sollte man über solide mathematische Fähigkeiten sowie über ein gutes logisches Verständnis verfügen, damit das Studium gut zu meistern ist. Da man zudem auch Umweltwissenschaft als Schwerpunktfach hat, können naturwissenschaftliche Kenntnisse in den Fächern Biologie, Chemie und Physik ebenfalls nicht schaden. Dies wird meist noch durch wirtschaftliche Kenntnisse abgerundet, die du dir aber natürlich (genau wie alle anderen Kenntnisse) auch im Studium aneignen kannst.

Falls du dir unsicher bist, was genau von dir erwartet wird, kannst du auf der Webseite der HTW Berlin auch einen Online-Assessment-Test absolvieren, der dir zeigt, mit welchen Thematiken du dich innerhalb des Studiums beschäftigen wirst und ob dies auch zu dir passt.

Perspektiven und Ausblick

Durch die derzeitigen Diskussionen rund um Klimawandel und Umweltschutz sowie durch eine höhere Reglementierung seitens der Behörden, wird das Thema Nachhaltigkeit für immer mehr Unternehmen zu einem wichtigen Faktor. Damit die Maßnahmen effizient und kostengünstig, aber dennoch qualitativ hochwertig umgesetzt werden können, bedarf es kompetenter Umweltinformatiker*innen, die sich aufgrund ihrer interdisziplinären Ausbildung um alle drei Aspekte (Ökologie, Ökonomie und Technologie) kümmern und entsprechende Lösungen entwickeln können. Dabei sind die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen, Arbeitsumgebungen und Tätigkeitsbereiche so verschieden wie interessant, was den Beruf Umweltinformatiker*in gleichzeitig spannend, abwechslungsreich und vielseitig macht. Wer also die perfekte Mischung aus Technik, Innovation und Umweltschutz sucht, ist bei der Umweltinformatik genau richtig!

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