Runter von der Leiter: Warum ein Karriereabstieg statt -aufstieg genau richtig sein kann

In unserer leistungsorientierten Arbeitswelt gilt der lineare Aufstieg als Inbegriff von Erfolg: Teamleitung, Bereichsverantwortung, Geschäftsführung. Die Karriereleiter scheint nur eine Richtung zu kennen: Nach oben. Wer stattdessen bewusst eine Führungsposition verlässt, eine Beförderung ablehnt oder sich auf eine weniger „prestigeträchtige“ Stelle bewirbt, wird oft kritisch beäugt: Zu wenig Ehrgeiz? Persönliches Scheitern? Mangelnde Belastbarkeit? Doch diese Perspektive greift zu kurz. Denn in Wahrheit kann ein „Karriereabstieg“ ein radikal ehrlicher Akt der Selbstbestimmung sein – und manchmal sogar die mutigere und klügere Entscheidung. Warum es völlig legitim ist, nicht höher hinaus zu wollen.

von Charlotte Clarke, 3. Juli 2025 um 12:19

Die gängige Vorstellung von Karriere ist klar: Es geht nach oben. Vom Praktikum zur Teamleitung, vom Junior zum C-Level. Gleichzeitig dürfen wir hinterfragen, was uns antreibt, die Karriereleiter möglichst hoch hinaufzuklettern. Damit uns alle sehen können? Doch was ist, wenn die Leiter wackelt oder an der falschen Stelle steht? Ins Leere führt? Oder die luftige Höhe uns sogar Angst bereitet? Dann kann es Sinn machen, eine paar Leitersprossen runterzusteigen.

Denn was zunächst wie ein “Karriereabstieg” wirkt, kann sich als Schritt in Richtung Selbstbestimmung, Gesundheit und echter Zufriedenheit entpuppen. Im englischen Sprachraum gibt es sogar ein trendy Buzzword dafür: Downshifting.

In diesem Artikel geben wir dir Impulse, die dir dabei helfen können, für dich die richtige Entscheidung zu fällen und diese konstruktiv zu argumentieren.

1. Der Mythos vom ewigen Aufstieg

„Wann kommt die nächste Beförderung?“

Diese Frage begleitet viele Menschen über Jahrzehnte ihres Berufslebens. Die Idee: Wer sich weiterentwickeln will, muss mehr Verantwortung übernehmen, ein Team führen, eher strategische und steuernde Aufgaben übernehmen. Eine Entwicklung, die von vielen Arbeitgebern ebenso erwartet wie belohnt wird – mit Titeln, mehr Gehalt, Status und (vermeintlichem) Einfluss.

Doch diese Logik ist sehr einseitig und wird der Vielfältigkeit individueller Lebensentwürfe nicht gerecht:

  • Nicht jede Beförderung bringt Zufriedenheit.
  • Nicht jede Führungskraft will oder kann führen.
  • Nicht jeder Mensch definiert Erfolg über die eigene Position innerhalb der Hierarchie

Karriereverläufe, die nicht nach oben, sondern “zur Seite” oder zurück in operative Rollen führen, gelten dennoch oft fast schon als Tabubruch. Dabei können sie ebenso Ausdruck eines gelungenen beruflichen Reifeprozesses sein – wenn sie auf Reflexion, Klarheit und Selbstkenntnis beruhen.

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 2. Warum ein „Karriereabstieg“ völlig legitim sein kann

Ein bewusster Schritt weg von der Führungsebene oder vom klassischen Aufstiegspfad kann unterschiedliche Gründe haben. Diese haben nichts mit beruflichem Scheitern zu tun, sondern mit einer bewussten Neuausrichtung der eigenen Prioritäten: 

Die Motive für ein Downshifting können sehr unterschiedlich sein: 

Viele Menschen realisieren nach einigen Jahren in Führungspositionen, dass es die fachlichen oder operativen Tätigkeiten (gestalten, coden, schreiben, verkaufen, forschen oder entwickeln…) waren, die ihnen wirklich Freude am Job und ein Gefühl von Wirksamkeit gegeben haben. Führungspositionen führen in aller Regel weg davon und hin zu mehr strategischen Aufgaben. Das kann sich für viele Menschen unbefriedigend anfühlen, da die Ergebnisse der eigenen Arbeit oftmals weniger greifbar werden und sie ggf. auch den unmittelbaren Kontakt zu Teammitgliedern oder Kund:innen vermissen.

Darüber hinaus verläuft auch das Privatleben nicht linear: Je nach Lebensphase erhalten neben dem beruflichen Erfolg auch andere Aspekte eine höhere Priorität: Familiengründung, Pflege von Angehörigen, mentale Gesundheit oder einfach das Bedürfnis nach mehr Zeit und Ruhe – völlig legitime Gründe, Verantwortung im Job abzugeben.

Auch gesundheitliche oder psychische Gründe können eine wichtige Rolle spielen, denn Führungsverantwortung kann belasten. Das kann einige Jahre durchaus gut gehen, aber spätestens dann, wenn Warnsignale wie chronischer Stress, Schlafprobleme und Burnout-Symptome auftreten, ist es eine absolut gesunde Entscheidung, die berufliche Belastung zu reduzieren.

Nicht zuletzt kann es sein, dass sich einige Leader:innen mit der Führungskultur oder bestimmten Machtstrukturen innerhalb der Organisation nicht (mehr) identifizieren können. Es darf keinesfalls unterschätzt werden, welch massiv negative Auswirkungen es auf die eigene Zufriedenheit hat, dauerhaft entgegen der eigenen Werte und Überzeugungen handeln zu müssen. Ein bewusster Schritt runter von der Karriereleiter kann daher genau der richtige Schritt sein.

3. Wie erkläre ich meinen Wunsch nach „Karriereabstieg“ meinem Arbeitgeber?

Wer sich gegen eine Beförderung entscheidet oder eine Führunsposition abgeben möchte, sieht sich häufig mit Unverständnis konfrontiert. Der Klassiker: „Aber du hast es doch so weit geschafft!“

Ja, aber das heißt nicht, dass es immer weiter nach oben gehen muss. Manchmal ist der Preis einfach zu hoch.

Wichtig ist deshalb: eine klare, positive Haltung – sowohl nach innen als auch nach außen, etwa gegenüber den eigenen Vorgesetzten. Deine Entscheidung ist ein Ausdruck von Selbstführung, nicht von Schwäche.

Argumentationshilfen und Formulierungsbeispiele:

  • Begründe die Entscheidung mit deinen Stärken und Werten:
    „Ich habe gemerkt, dass ich in der fachlichen Tiefe deutlich wirksamer bin als in der Steuerung von Teams.“
  • Betone deine Motivation:
    „Ich möchte mich künftig auf Aufgaben konzentrieren, bei denen ich selbst gestalten und umsetzen kann – das entspricht mir mehr als klassische Führungsarbeit.“
  • Stelle den Nutzen für das Unternehmen heraus:
    „In einer operativen Rolle kann ich meine Expertise gezielter einsetzen und motivierter arbeiten – das ist ein Gewinn für beide Seiten.“

Foto von Montse Monmo auf Unsplash

4. Was du beim Downshifting beachten solltest

Ein Wechsel in eine niedrigere Hierarchieebene oder eine fachlichere Rolle sollte gut durchdacht und vorbereitet sein. Aspekte, die du reflektieren solltest:

Finanzielle Situation: 

Es ist sehr wahrscheinlich, dass der  Wechsel in eine andere Rolle mit weniger Führungsverantwortung mit einem geringeren Gehalt einhergehen wird. Wie wirkt sich das auf deine finanzielle Lage aus? Welchen Lebensstandard brauchst du wirklich? Wo liegen deine echten Prioritäten? Was trägt wirklich langfristig zu deinem Wohlbefinden und deiner Gesundheit bei?

Berufliche Identität: 

Es ist menschlich, dass wir uns (auch) über unsere beruflichen Rollen und Titel ein Stück weit identifizieren. Ein Wechsel kann Identitätsfragen aufwerfen: Wer bin ich, wenn ich keine Führungskraft mehr bin? Wie kann ich stattdessen meinen Beitrag zum Unternehmen / für unsere Gesellschaft definieren?

Reaktionen aus deinem Umfeld: 

Der Weg auf der Karriereleiter nach unten wird vermutlich in Teilen deines sozialen Umfeldes Irritation auslösen. Vermutlich wirst du dir kritische Fragen anhören müssen. Wichtig: Du musst dich niemandem gegenüber rechtfertigen oder tiefgehende Begründungen liefern. Dein Lebensweg und deine Entscheidungen gehören alleine dir. Dennoch können kritische Reaktionen von außen unangenehm sein und Zweifel auslösen. An dieser “Irritationsphase” führt wohl leider kein Weg vorbei und sie gilt es auszuhalten. Insbesondere dann, wenn bei deiner Entscheidung eine psychische Belastung oder persönliche Krise eine Rolle gespielt hat, kann es sinnvoll sein, sich für den Übergangsprozess professionelle Unterstützung, z.B. durch ein Coaching oder therapeutische Begleitung zu suchen. Suche zudem gezielt Gespräche mit vertrauten Menschen in deinem Umfeld, die deine Entscheidung verstehen und befürworten.

Interne Optionen prüfen: 

Gibt es innerhalb deines Unternehmens Möglichkeiten für einen internen Rollenwechsel? Manche Firmen bieten sog. “horizontale” Karrierepfade ohne Führungszwang für Fachspezialist:innen an. Dazu im Verlauf des Artikels mehr. Doch auch dann, wenn derartige Verläufe in deiner Organisation nicht explizit vorgesehen sind, lohnt es sich, deinem Arbeitgeber konkrete Vorschläge zu machen, in welcher Rolle mit welchen Tätigkeitsschwerpunkten du dich künftig siehst und mit der betreffenden Abteilungen zu sprechen, wo du welche Lücken füllen kannst. 

Guter möglicher Ausgangspunkt: Schlage proaktiv vor, dass du die Verantwortung für ein internes Projekt mit passendem fachlichen Bezug übernimmst. In fast jeder Organisation gibt es (eigentlich längst überfällige und sinnvolle) Projekte, die immer wieder auf die lange Bank geschoben werden, etwa weil Kapazitäten fehlen. Das kann z.B. eine Strategie für die interne Kommunikation, der Aufbau eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmanagements, ein Personalentwicklungskonzept, die Überarbeitung der Fundraising-Strategie oder der Launch eines neuen Produktes sein. Vorteil des Projektansatzes: Durch die zeitliche Begrenzung können alle Beteiligten zunächst prüfen, ob die neue Rollenverteilung funktioniert. Darüber hinaus kannst du am Ende des Projektes ganz konkrete Erfolge vorweisen, was bei der dauerhaften Implementierung deiner neuen Rolle eine gute Argumentationsgrundlage bietet.

Auch Job Crafting, sprich die proaktive Gestaltung deines Aufgabenbereiches, kann ein hilfreiches Stichwort sein.

5. Horizontale statt vertikale Karriere

Wenn wir von “Karriere” sprechen, denken viele automatisch an die vertikale Bewegung nach oben: Mehr Verantwortung, größere Teams, höhere Budgets, prestigeträchtigere Titel. Doch es gibt eine weitere Richtung, die in klassischen Karrierebildern oft untergeht – die horizontale Karriere.

Was bedeutet „horizontale Karriere“?

Bei einer horizontalen Karriere geht es nicht darum, hierarchisch aufzusteigen, sondern sich “seitlich” weiterzuentwickeln, etwa durch neue Aufgabenbereiche, Skills, Branchen oder Projekte. Im Fokus stehen persönliche Entwicklung, inhaltliche Vielfalt, Stärken und Interessen, wohingegen Titel und Status in den Hintergrund rücken. Horizontale Karrieren sind im Detail durch folgende Aspekte gekennzeichnet:

  • Erweiterung der fachlichen Bandbreite oder zusätzliche Spezialisierung statt hierarchischer Aufstieg
  • Arbeitsalltag ist durch fachliche Tiefe und/oder Vielfalt und Einblicke in neue Rollen (Job-Rotation) geprägt statt durch Führung, Strategie und Management
  • Statt linear und aufwärts sind horizontale Karrierepfade individueller, breiter und fluider
  • Ein seitlicher Rollenwechsel geht nicht zwingend mit einer großen Gehaltserhöhung einher, dafür gewinnst du jedoch an Abwechslung und Life-Balance

Einige Unternehmen bieten im Rahmen ihres Personalentwicklungskonzeptes explizit zwei unterschiedliche Laufbahnmodelle an: Eine klassische Führungslaufbahn und einen fachlichen Expert:innen-Pfad, in dessen Verlauf sich Mitarbeitende tiefes Fachwissen aneignen. Dieses Konzept wird auch “Dual Career Ladders” genannt.

Beispiele für horizontale Karriereverläufe:

IT & Tech: Anna beginnt als Softwareentwicklerin im Backend. Nach einigen Jahren möchte sie neue Perspektiven kennenlernen und wechselt ins DevOps-Team. Später arbeitet sie als Solution Architect – alles ohne Führungsverantwortung, aber mit wachsender fachlicher Breite.

Nachhaltigkeit: Jamal startet in der Kommunikationsabteilung eines großen Unternehmens. Er wechselt später in das Nachhaltigkeitsmanagement, um Nachhaltigkeit im Unternehmen stärker zu verankern und auf eine breite Basis zu stellen. Danach übernimmt er ein Projekt im Bereich Lieferketten-Compliance. Ein breiter, sinngetriebener Pfad – ohne „klassische“ Beförderung.

Bildung & Soziales: Tom ist verantwortlich für die politische Bildungsarbeit einer NGO. Nach einigen Jahren geht er in die Projektkoordination und dann in den Bereich Fundraising. Er entwickelt sich somit  inhaltlich weiter, aber bewusst ohne Führungsverantwortung.

Marketing: Statt von der Junior Marketing Managerin zur Senior Marketing Managerin zur Head of Marketing aufzusteigen (vertikaler Karrierepfad), wechselt Jana ins UX Design, um neue Skills in technologischen Bereichen zu sammeln. Anschließend wechselt sie nach ein paar Jahren ins Business Development, um die ganzheitlich-strategische Entwicklung des Unternehmens mitzugestalten. 

Horizontale Karrieren sind nicht weniger ambitioniert, sie sind nur anders motiviert. Sie setzen auf fachliche Weiterentwicklung, Vielseitigkeit und Selbstverwirklichung statt auf Status und Hierarchie. In einer Arbeitswelt, die zunehmend von Komplexität, Interdisziplinarität und Agilität geprägt ist, können sie sogar die zukunftsfähigere Option sein.

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6. Strukturelle Barrieren für einen „Karriereabstieg“

Bislang sind wir von einer verhältnismäßig privilegierten Situation ausgegangen, in der ein Downshifting ohne wirklich signifikante Probleme oder Nachteile möglich ist. Dennoch möchten wir natürlich nicht unerwähnt lassen, dass es sich natürlich nicht jede:r leisten kann, freiwillig einen Karriereschritt zurückzugehen.

Beispielsweise kann es sein, dass Alleinerziehende, Unterhaltszahlende, Menschen mit Pflegeverantwortung oder Menschen in finanziell schwierigen Lebenslagen keine realistische Wahl haben.

Des Weiteren können arbeitsrechtliche Fallstricke ein Downshifting erschweren. Wer eine Führungsrolle aufgibt, verliert ggf. Tarifbindung, Kündigungsschutz oder Rückkehransprüche. Diese Aspekte sollten unbedingt vorab mit der Personalabteilung geklärt werden.

Zudem wird die Entscheidung für einen Karriereverzicht nicht immer freiwillig getroffen. Manche steigen aus, weil sie nicht ausreichend unterstützt wurden, z. B. neurodivergente Fachkräfte, Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung.

Andere wiederum stoßen im Berufsalltag auf strukturelle Hürden: Wer z. B. als BIPoC oder FLINTA* ohnehin um Anerkennung kämpfen muss, riskiert durch einen Rückschritt zusätzliche Marginalisierung oder Diskriminierung.

Daher sind die Anerkennung individueller Lebenssituationen, eine wertschätzende Unternehmenskultur sowie eine unterstützende Begleitung (z.B. durch Coaching oder therapeutischer Support) entscheidend, um zu klären, wann Downshifting ein Ausdruck von Selbstbestimmung ist und wann eher Unterstützung oder eine strukturelle Veränderung nötig wäre.

7. Downshifting aus Sicht der Personalverantwortlichen

Es kann durchaus sein, dass der eigene Arbeitgeber keine Möglichkeit für eine neue Rolle bietet. In diesem Falle bleibt nichts anderes übrig, als das Unternehmen zu verlassen und anderweitig passende Optionen zu suchen.

Doch wie wirkt sich der Wunsch nach einer Position mit weniger Führungsverantwortung auf die Jobsuche aus? Was denken Personaler:innen dazu? Schließlich lässt sich die Führungsrolle nicht aus dem Lebenslauf streichen.

Tatsache ist: Ein Rollenwechsel kann bei Personaler:innen Fragen aufwerfen. Möglicherweise wird der gewünschte Wechsel im Lebenslauf als „Bruch“ oder „Inkonsistenz“ gelesen.

Doch wie der Schritt ausgelegt wird, hängt stark davon ab, wie er begründet, kommuniziert und in den Gesamtkontext der beruflichen Laufbahn eingebettet wird.

Personalverantwortliche sind sich glücklicherweise zunehmend bewusst, dass Karrieren und Biographien nicht mehr linear verlaufen. Trotzdem gelten klassische “Aufstiegsmuster” vielerorts noch als „Norm“, vor allem in traditionellen Branchen oder Konzernen.

Der Wunsch nach einer weniger verantwortungsvollen Position (die wahrscheinlich auch mit weniger Gehalt einhergehen wird), kann in Bewerbungsprozessen daher auf unterschiedliche Reaktionen stoßen:

  • Kritische Rückfragen: Stell dich im Job Interview darauf ein, dass dies ein Gesprächsthema sein wird. Fragen wie „Was sind Ihre Beweggründe für den Schritt zurück?“ „War das Ihre Entscheidung oder die des Unternehmens?“

  • Skeptischer Subtext: Auch wenn dir diese Fragen vielleicht nicht offen gestellt werden, so gibt es naheliegende, kritische Überlegungen, die sich Personaler:innen machen könnten. „Ist die Person überqualifiziert?“ „Wird sie sich nicht doch unterfordert fühlen?“ Wird sie damit klarkommen, weniger Entscheidungsbefugnisse zu haben und sich in der Hierarchie wieder unterzuordnen?“„Gibt es einen Knick im Leistungswillen?“
    Auf diese Aspekte solltest du idealerweise schon im Bewerbungsanschreiben (und im Job Interview sowieso) proaktiv eingehen, um der Skepsis den Wind aus den Segeln zu nehmen.

  • Positive Resonanz: Auch eine positive Reaktion ist absolut nicht ausgeschlossen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Schritt als reflektierte Entscheidung zur beruflichen Neuausrichtung verstanden wird („spannende Entscheidung, passt zu unserer Unternehmenskultur“)

Wie kann ich in der Bewerbung Zweifeln begegnen?

Wichtig ist, proaktiv mit dem Thema umzugehen und zu deiner Entscheidung zu stehen. Wer das Thema unter den Tisch fallen lässt oder ausweicht, riskiert, dass Personaler:innen eigene – womöglich negative – Schlüsse ziehen. Besser ist es, die Entscheidung offen zu erklären, deine Beweggründe darzulegen und auf deine neuen Ziele auszurichten. Folgende Tipps können dabei hilfreich sein:

1. Selbstbewusst bleiben:

Vermeide defensive oder entschuldigende Formulierungen. Du hast dich entschieden – und das aus guten Gründen. Diese Haltung sollte sowohl in deinen Bewerbungsunterlagen als auch im Einstellungsgespräch durchscheinen. Möglicher Formulierungsansatz: „Ich habe mich bewusst dafür entschieden, wieder stärker operativ tätig zu sein, weil ich dort meine Stärken besser einbringen kann und mich wirksamer fühle.“

2. Kontext geben:

Erkläre die Beweggründe für deinen Kurswechsel knapp, aber nachvollziehbar. Lenke den Fokus weg von dem, was dir bei deinem früheren Arbeitgeber gefehlt hat, auf die Zukunft: Was suchst du und was möchtest du einbringen? Beispiel: „Mein Fokus liegt heute auf sinnstiftender Arbeit und einem gesunden Gleichgewicht – dieser Perspektivwechsel war kein Rückschritt, sondern ein bewusster Richtungswechsel.“

3. Fokus auf Passung, nicht Prestige:

Mache deutlich, warum du dich ausgerechnet für diese Position interessierst, etwa weil sie zu deinen Werten, Fähigkeiten oder deiner gewünschten Lebensgestaltung passt. Beispiel: „Nach mehreren Jahren in einer Führungsrolle habe ich gemerkt, dass mir fachliche Vertiefung und Projektarbeit mehr liegen als disziplinarische Verantwortung. Ihre ausgeschriebene Position bietet mir die perfekte Gelegenheit, meine Stärke für kreative Lösungsfindung in abwechslungsreichen Projekten einzubringen sowie meine Freude am aktiven Netzwerken wieder vermehrt auszuleben “

4. Überqualifikation aktiv entkräften:

Wenn dein bisheriger Werdegang „mehr“ Verantwortung vermuten lässt, nimm potenzielle Zweifel vorweg. Beispiel: „Mir ist bewusst, dass meine Erfahrung über die Anforderungen dieser Rolle hinausgeht – dennoch ist genau diese Position für mich interessant, weil …“

5. Referenzen oder Zwischenzeugnisse nutzen:

Ein wohlwollendes Zwischenzeugnis oder die Angabe von Referenzpersonen können zusätzlich bekräftigen, dass der Wechsel keine “Flucht” war, sondern ein bewusster Schritt in einem stabilen, professionellen Kontext.

6. Bewerbungsunterlagen gezielt anpassen:

Passe den Lebenslauf so an, dass der rote Faden und deine Motivation klar erkennbar bleiben. Lasse die frühere Führungserfahrung keineswegs aus, aber priorisiere das, was für die angestrebte Rolle relevant ist.

Was deine individuellen Beweggründe sein mögen: Wichtig ist es, Reflexionsfähigkeit, Klarheit und Zukunftsorientierung zu signalisieren. Dies sind Eigenschaften, die mit persönlicher Reife und Fähigkeit zur Selbstführung einhergehen. Personalverantwortliche, die offen für diverse Werdegänge sind, wissen dies enorm zu schätzen.

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8. Rückkehr in die Führung – geht das?

Auch wenn ein Rollenwechsel sich gegenwärtig nach dem richtigen Schritt anfühlt, kann es dennoch sein, dass dir eine Frage im Kopf kreist: Was, wenn ich später doch wieder in meine Führungsposition einsteigen will? 

An dieser Stelle darfst du zuversichtlich sein: Ja, in vielen Fällen ist ein Wiedereinstieg möglich.

Manchmal ist ein Karriereabstieg ein Zwischenstopp zur Neujustierung, zur Familienzeit, zur Genesung nach einer gesundheitlichen Krise oder zur fachlichen Neuausrichtung. Wenn danach der Wunsch besteht, wieder in eine Führungsrolle zurückzukehren, gilt es, diesen Wechsel strategisch klug zu gestalten.

Tipps, um dir unterschiedliche Pfade offenzuhalten:

  • Pflege dein Netzwerk, auch in Phasen des „Downshifting“
  • Bleib sichtbar, z. B. über Fachartikel, interne Projekte oder Branchenveranstaltungen
  • Reflektiere, z.B. im Netzwerk oder auf LinkedIn über die Entwicklung von aktuellen Leadership-Trends und verknüpfe dies mit deinen persönlichen Erfahrungen. Das zeigt: Du verstehst Leadership als Haltung, nicht als Status.
  • Weiterbildungen im Bereich Leadership, Coaching, Change-Management o. Ä. belegen zeitgemäße Kompetenzen
  • Werde aktiv als Sparringspartner:in für Fachkolleg:innen oder Mentor:in
  • Übernehme die Leitungsfunktion für kleine interne Projekte, die dich interessieren und deine Kompetenzen bereichern

Fazit: Karrieren sind grundsätzlich keine Einbahnstraßen

Ein „Karriereabstieg“ ist kein Rückschritt – sondern eine Neuausrichtung hin zu einem Arbeitsumfeld, in dem du deine Stärken, Interessen und Werte bestmöglich einbringen kannst. Kurz: Wo du dich am richtigen Platz fühlst.

In unserer leistungsfixierten Gesellschaft, in der Erschöpfung, Burnout und Orientierungslosigkeit zunehmen, braucht es neue Narrative von “Erfolg”: Geschichten von Menschen, die bewusst ihre Prioritäten so setzen, dass echte Zufriedenheit entstehen kann. Für die einen kann das durchaus eine Führungsrolle sein. Für andere kann dies weniger Status und dafür mehr Sinnhaftigkeit sein. 

Das Wichtigste ist, dass du deine Entscheidung bewusst triffst und diese authentisch sowohl nach innen als auch nach außen zu vertreten. Eine souveräne Geschichte des Wandels dient nicht der Schönmalerei, sondern hilft vor allem dir selbst, eine positive und zukunftsgerichtete Haltung zu deinem persönlichen Lebensweg zu kultivieren.

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